Unter dem Titel „Tödlicher Job? 100-faches Krebsrisiko im Nagelstudio“ veröffentlicht RTL einen aus meiner Sicht sehr fragwürdigen Artikel zum Krebsrisiko in Nagelstudios.
RTL bezieht sich auf eine Studie der University of Colorado, durchgeführt von Assistant Professor Dr. Lupita Montoya. Für die Studie wurde in sechs Nagelstudios die Luft über einen bestimmten Zeitraum gemessen. Dabei wurden erhöhte Werte von Formaldehyd, Benzol, Toluol, Ethylbenzol und Xylol gemessen. Von den Mitarbeitern, welche dort sage und schreibe 20 Jahre lang zwischen 52,5 und 80 Stunden pro Woche verbringen, haben 70% gesundheitliche Probleme. Für die Kunden, so räumt der Artikel ein, bestehe kein wirkliches Risiko.Was der Artikel verschweigt
Schaut man sich den englischen Artikel an, welcher am 08.05.2019 von Forbes veröffentlicht wurde, findet man ergänzende Aussagen, welche in der deutschen Version von RTL fehlen.
So sagen die durchführenden Wissenschaftler selbst, dass die kleine Anzahl an untersuchten Studios keine Rückschlüsse auf ein tatsächlich erhöhtes Krebsrisiko zulässt. Die Studie ist nicht repräsentativ.
Zudem gibt es bei drei der untersuchten Nagelstudios extrem auffällige Werte, welche in anderen Studios nicht zu finden waren. Die drei Studios mit höchsten Benzolwerten liegen in unmittelbarer Nähe von Tankstellen, welche naturgemäß eine signifikante Quelle für hohe Benzolwerte sind.
Darüber hinaus wurde in der Studie nicht berücksichtigt, ob in den entsprechenden Studios geraucht wurde oder nicht. Auch Zigarettenrauch sorgt für erhöhte Werte von Benzol und anderen Stoffen.
Ein direkter Zusammenhang zwischen den gemessen Werten und einem erhöhten Krebsrisiko konnte nicht festgestellt werden, so die Wissenschaftler. Weitere Langzeitstudien sind notwendig.
Meine Meinung
Ich bin weder Chemikerin noch Biologin und kann demnach die Behauptungen weder entkräften noch bestätigen. Aber ich brauche kein abgeschlossenes Medizinstudium um zu wissen, dass jemand der 20 Jahre lang bis zu 80 Stunden pro Woche arbeitet, gesundheitliche Probleme hat. Lediglich die Art der gesundheitlichen Probleme wird sich je nach Branche unterscheiden.
Stets werden bei solchen Artikeln Studien aus den USA herangezogen. Dabei gibt es in beiden Ländern erhebliche regulatorische und gesetzliche Unterschiede. Es wird nicht erwähnt, mit welchen Produkten die Studios in den USA arbeiten, damit man einen Vergleich anstellen könnte. Schließlich ist in der EU nicht alles erlaubt, was in den USA ganz normal ist.
RTL ist leider nicht die einzige Plattform auf welcher fragwürdige Beiträge zu Nagelstudios erscheinen. Man könnte fast meinen, sie befinden sich auf einem schmutzigen Kriegspfad gegen eine ganze Branche. Nun ja, zugegebenermaßen sind wir ein einfaches Ziel. Es gibt viele Studios, aber wir sind nicht organisiert. Kein Verband, keine Lobby und keine Struktur. In anderen Branchen gibt es millionenschwere Marketingbudgets, welche auf dem Spiel stehen. Da überlegt es sich der Chefredakteur zweimal, ob er jemandem mit solch groben Unfug zwischen die Beine tritt.
Quellen
Artikel RTL: Hier klicken
Artikel Forbes: Hier klicken